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Queeres Brandenburg
Landeskoordinierungsstelle
Wir gewinnen den Kampf um Vielfalt und Gleichstellung nicht in den Metropolen,
sondern in den Dörfern und Städten Brandenburgs.
 

III.6.1. - Gewaltprävention

III. - Handlungsfelder des "Aktionsplan Queeres Brandenburg"
III.6. - Handlungsfeld - Gewaltprävention und Antidiskriminierung
III.6.1. - Gewaltprävention

Um Gewalt entgegenzuwirken, eine zeitnahe Verfolgung der Tat und die Verurteilung der Täter*_*innen zu erreichen, ist die Anzeigebereitschaft der Betroffenen elementar wichtig. Laut der vom MASGF durchgeführten Befragung kommt allerdings nur ein Drittel aller Übergriffe gegen LSBTTIQ* im Land zur Anzeige. Eine höhere Anzeigebereitschaft wird angestrebt. Denn mit einer Bestrafung der Täter*_*innen wird ein wichtiges Zeichen gegen jegliche Form von Gewalt gesetzt. Sie zeigt, dass Straftaten gegen LSBTTIQ*-Menschen von Gesellschaft und Staat nicht geduldet und angemessen geahndet werden.

Zudem geht es darum, die Ängste und Verunsicherungen der Opfer sowie der Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, zu verringern und somit das Vertrauen in die staatlichen Behörden zu stärken. Um die Anzeigebereitschaft besonders bei LSBTTIQ*-bezogener Gewalt zu erhöhen, sind vertrauensbildende Maßnahmen seitens der Strafverfolgungsbehörden wie öffentlichkeitswirksame Information über entsprechende Ermittlungserfolge in diesem Bereich erforderlich. Zudem führt eine Erhöhung der Anzeigebereitschaft dazu, dass sich das Dunkelfeld von Gewaltkriminalität gegen LSBTTIQ* verkleinert. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, alle Formen hassmotivierter Straftaten (hate crime) zu ächten und zu verfolgen. Denn derartige Straftaten richten sich nicht nur gegen die unmittelbaren Opfer, sondern sie schaffen ein angsterfülltes Klima, in dem auch andere LSBTTIQ* fürchten, Opfer derartiger Straftaten zu werden. In der Online-Befragung des MASGF gaben Betroffene Hinderungsgründe an, warum sie, eine Straftat weder der Polizei noch der Justiz gemeldet haben. Die meistgenannten Antworten waren: „Eine Anzeige hätte einen hohen persönlichen Aufwand ohne einen entsprechenden Nutzen für mich bedeutet" (92 Prozent). „Ich dachte, die Ermittlungen würden sowieso nichts bringen" (91 Prozent) und „Ich hatte die Befürchtung, dass die Angelegenheit nicht ernst genommen worden wäre" (83 Prozent). Jedoch berichteten nur ein Drittel derer, die Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben, von negativen Reaktionen. Die große Mehrheit fühlte sich ernstgenommen und respektvoll behandelt.

Straftaten, die sich gegen queere Menschen richten, gehören zur sog. Hasskriminalität und werden bundeseinheitlich als politisch motivierte Kriminalität (PMK) im Unterthema „sexuelle Orientierung“ statistisch erfasst sowie nach einheitlichen Regeln ausgewertet. Der Begriff der Hasskriminalität wird verwendet, wenn die Tatperson das Opfer aufgrund seiner tatsächlichen oder vermuteten Zugehörigkeit zu einer Gruppe ausgewählt hat. Bisher weist die Statistik zur PMK so gut wie keine Strafermittlungsverfahren aus, die einen homo- oder transphoben Charakter haben.
Die Straftat als PMK einzustufen, auch wenn dies nicht eindeutig erscheint, setzt einen professionellen und empathischen Umgang der mit dem Vorgang befassten Polizeibeamt*_*innen voraus. Die erste Bewertung, ob es sich um ein PMK-Delikt handelt, nimmt die Polizei im Rahmen der Anzeigenaufnahme vor. Eine Überprüfung und gegebenenfalls Korrektur dieser Bewertung erfolgt durch die Staatsanwaltschaft während des gesamten Ermittlungsverfahrens bis zu dessen Abschluss, wobei alle Ermittlungsergebnisse sorgfältig berücksichtigt werden.

Bei den Ermittlungen wirkt die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Sachleitungsbefugnis auf die Klärung der Tatmotivation hin. Da den Straftaten, die mit der Diskriminierung homo- und transsexuellen Personen in Zusammenhang stehen, menschenverachtende Beweggründe zugrunde liegen, wird die Staatsanwaltschaft, sofern in diesen Fällen für die Strafverfolgung ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich ist, dieses regelmäßig bejahen. Im Rahmen des gerichtlichen Hauptverfahrens trägt die Staatsanwaltschaft dafür Sorge, dass die Tatsachen, die eine menschenverachtende Motivation des Täters belegen können, festgestellt werden. Diese Beweggründe sind vom Gericht bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.

Die Justizministerkonferenz hat in ihrer Sitzung Ende Juni 2017 empfohlen, dass eine gesonderte Statistik zur Erfassung von Hasskriminalität geführt wird. Die Daten sollen im Bundesamt für Justiz zusammengeführt werden. Die Erfassung der entsprechenden Straftaten kann dazu beitragen, deren Entwicklung besser nachvollziehen zu können.

Bereits in der Ausbildung an der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg (FHPol) werden die Anwärter*innen im Rahmen von Schulungen sozialer Kompetenzen darauf vorbereitet, mit Menschen unterschiedlichster Identität sozial kompetent zu kommunizieren. Zudem werden sie in verschiedenen Fächern, wie z. B. Psychologie, Berufsethik oder Führungslehre, mit den Mechanismen der Stereotypenbildung vertraut gemacht und angehalten, eigene Wahrnehmungs- und Bewertungsmuster kritisch zu reflektieren. Zur Befähigung der Polizeibediensteten für einen kompetenten Umgang mit Opfern – auch mit LSBTTIQ*-Opfern – finden ebenfalls regelmäßig dezentrale Fortbildungen statt, die auch den operativen Opferschutz umfassen. Daneben steht den Polizeibediensteten jederzeit die Handreichung „Polizeilicher Opferschutz“ mit umfangreichen Informationen zur Verfügung. Wichtig bleibt, die Belange von LSBTTIQ* weiter als bisher in der polizeiinternen Aus- und Weiterbildung zu berücksichtigen.

Wichtig ist auch, die Zusammenarbeit der Polizei mit den LSBTTIQ*-Interessenvertretungen voranzubringen. Im Polizeipräsidium sind Bedienstete im Nebenamt als Ansprechpersonen für den polizeilichen Opferschutz (sogenannte Opferschutzbeauftragte) tätig. Sie stehen als Ansprechperson für Mitarbeiter*_*innen der Polizei sowie für die Betreuung und Vermittlung der Opfer vor Ort zur Verfügung. Somit sind sie befähigt, auch bei LSBTTIQ*-Opfern beratend tätig zu werden.

Ergänzend zu der Zentralstelle Prävention wurde am 03. März 2017 eine „Zentrale Ansprechstelle für Opferbelange bei politisch motivierten, insbesondere vorurteilsgeleiteten Straftaten“ eingerichtet und unter fachlicher Anleitung des Staatsschutzes auf Ebene des Polizeipräsidiums angebunden.

Zusätzlich gibt es den Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen im Polizeipräsidium, welcher als Ansprechpartner für jeden Polizeibediensteten und als Vermittler für deliktspezifische Hilfsangebote fungiert (Mittler zwischen Polizei und anderen aktiven Interessenvertretungen von LSBTTIQ*).

Um die Hemmschwelle, LSBTTIQ*-motivierte Gewalt zur Anzeige zu bringen, so gering wie möglich zu halten und die tatsächliche Anzahl der Übergriffe auf LSBTTIQ* darzustellen, bedarf es der weiteren Stärkung des Vertrauens in die Strafverfolgungsbehörden.

Die Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft soll ebenso LSBTTIQ*-sensibel wie bei den Polizeibehörden bearbeitet werden, um den Opfern zu zeigen, dass sie ernst genommen werden und dass die an ihnen verübten Straftaten keine Bagatell-Delikte darstellen. Die Landesregierung prüft daher, in Form von Fachgesprächen bzw. Fachtagen das Thema LSBTTIQ* in den Gerichten und Staatsanwaltschaften präsent zu machen.

Um LSBTTIQ*, die Opfer von Gewalt geworden sind, in ihrer Gewaltverarbeitung zu unterstützen, ist es erforderlich, die vorhandenen Erfahrungen der Beratungsstellen der LSBTTIQ*-Community mit den im Land agierenden Opferberatungsstellen oder anderen Hilfe- und Beratungsangeboten zu vernetzen. Dabei ist eine wertschätzende und qualifizierte Beratung von großem Vorteil, um die bestehenden Hürden des Besuchs einer Opferberatungsstelle abzubauen. Darüber hinaus müssen weitere vertrauensbildende Maßnahmen unternommen werden, um die Gewalt in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu enttabuisieren und Beratungen für diese Zielgruppe vorzuhalten. So soll z.B. das Angebot einer vertraulichen Spurensicherung in vier Brandenburger Kliniken in Fällen von sexueller Gewalt gegen Erwachsene bei LSBTTIQ* besser bekannt gemacht werden, damit diese das Angebot – bei Bedarf – in Anspruch nehmen.

In Fällen von häuslicher oder sexualisierter Gewalt ist das Hilfetelefon – Gewalt gegen Frauen des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein Beratungsangebot, das unabhängig von sozialer und ethnischer Herkunft, Religion sowie sexueller Orientierung und Identität der hilfesuchenden Personen in Anspruch genommen werden kann.

Entsprechende Informationen zu Beratungsangeboten vor Ort hält die Einrichtung des Hilfetelefons vor und vermittelt zu Unterstützungsangeboten in der Nähe des/der Anrufers*_*in. Die Möglichkeit das Angebot – bei Bedarf – in Anspruch zu nehmen muss bei LSBTTIQ* besser bekannt gemacht werden.

 

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