2. Entwurf

Um Gewalt entgegenzuwirken, eine zeitnahe Verfolgung der Tat und die Verurteilung der Täter*_*innen zu erreichen, ist die Anzeigebereitschaft der Betroffenen elementar wichtig. Laut der vom brandenburgischen Sozialministerium  durchgeführten Befragung, anlässlich der Erarbeitung des Landesaktionsplanes „Queeres Brandenburg“, kommt allerdings nur ein Drittel aller Übergriffe gegen LSBTTIQ* im Land zur Anzeige. Eine höhere Anzeigebereitschaft wird angestrebt. Denn mit einer Bestrafung der Täter*_*innen wird ein wichtiges Zeichen gegen jegliche Form von Gewalt gesetzt. Sie zeigt, dass Straftaten gegen LSBTTIQ*-Menschen von Gesellschaft und Staat nicht geduldet und angemessen geahndet werden.

Zudem geht es darum, die Ängste und Verunsicherungen der Opfer sowie der Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, zu verringern und somit das Vertrauen in die staatlichen Behörden zu stärken. Um die Anzeigebereitschaft besonders bei LSBTTIQ*-bezogener Gewalt zu erhöhen, sind vertrauensbildende Maßnahmen seitens der Strafverfolgungsbehörden wie öffentlichkeitswirksame Information über entsprechende Ermittlungserfolge in diesem Bereich erforderlich. Zudem führt eine Erhöhung der Anzeigebereitschaft dazu, dass sich das Dunkelfeld von Gewaltkriminalität gegen LSBTTIQ* verkleinert. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, alle Formen hassmotivierter Straftaten (hate crime) zu ächten und zu verfolgen. Denn derartige Straftaten richten sich nicht nur gegen die unmittelbaren Opfer, sondern sie schaffen ein angsterfülltes Klima, in dem auch andere LSBTTIQ* fürchten, Opfer derartiger Straftaten zu werden. In der Online-Befragung gaben Betroffene Hinderungsgründe an, warum sie, eine Straftat weder der Polizei noch der Justiz gemeldet haben. Die meistgenannten Antworten waren: „Eine Anzeige hätte einen hohen persönlichen Aufwand ohne einen entsprechenden Nutzen für mich bedeutet" (92 Prozent). „Ich dachte, die Ermittlungen würden sowieso nichts bringen" (91 Prozent) und „Ich hatte die Befürchtung, dass die Angelegenheit nicht ernst genommen worden wäre" (83 Prozent). Jedoch berichteten nur ein Drittel derer, die Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben, von negativen Reaktionen. Die große Mehrheit fühlte sich ernst genommen und respektvoll behandelt.

Straftaten, die sich gegen queere Menschen richten, gehören zur sog. Hasskriminalität und werden bundeseinheitlich als politisch motivierte Kriminalität (PMK) im Unterthema „sexuelle Orientierung“ statistisch erfasst sowie nach einheitlichen Regeln ausgewertet. Der Begriff der Hasskriminalität wird verwendet, wenn die Tatperson das Opfer aufgrund seiner tatsächlichen oder vermuteten Zugehörigkeit zu einer Gruppe ausgewählt hat. Bisher weist die Statistik zur PMK so gut wie keine Strafermittlungsverfahren aus, die einen homo- oder transphoben Charakter haben. Die Straftat als PMK einzustufen, auch wenn dies nicht eindeutig erscheint, setzt einen professionellen und empathischen Umgang der mit dem Vorgang befassten Polizeibeamt*_*innen voraus.

Um LSBTTIQ*, die Opfer von Gewalt geworden sind, in ihrer Gewaltverarbeitung zu unterstützen, ist es erforderlich, die vorhandenen Erfahrungen der Beratungsstellen der LSBTTIQ*-Community mit den im Land agierenden Opferberatungsstellen oder anderen Hilfe- und Beratungsangeboten zu vernetzen. Dabei ist eine wertschätzende und qualifizierte Beratung von großem Vorteil, um die bestehenden Hürden des Besuchs einer Opferberatungsstelle abzubauen. Darüber hinaus müssen weitere vertrauensbildende Maßnahmen unternommen werden, um die Gewalt in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu enttabuisieren und Beratungen für diese Zielgruppe vorzuhalten. So soll z.B. das Angebot einer vertraulichen Spurensicherung in vier Brandenburger Kliniken in Fällen von sexueller Gewalt gegen Erwachsene bei LSBTTIQ* besser bekannt gemacht werden, damit diese das Angebot – bei Bedarf – in Anspruch nehmen.

In Fällen von häuslicher oder sexualisierter Gewalt ist das Hilfetelefon – Gewalt gegen Frauen des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein Beratungsangebot, das unabhängig von sozialer und ethnischer Herkunft, Religion sowie sexueller Orientierung und Identität der hilfesuchenden Personen in Anspruch genommen werden kann.

Entsprechende Informationen zu Beratungsangeboten vor Ort hält die Einrichtung des Hilfetelefons vor und vermittelt zu Unterstützungsangeboten in der Nähe des/der Anrufers*_*in. Die Möglichkeit das Angebot – bei Bedarf – in Anspruch zu nehmen muss bei LSBTTIQ* besser bekannt gemacht werden.

 


Wir möchten uns bei folgenden Personen bedanken, die diesen Text entwickelt, weiterentwickelt und korrigiert haben:

Maria Sievers (qu. Factory - Katte e. V.)
Jirka Witschak (LKS qu. Brandenburg)

 

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