„Im Iran wäre ich an einem Autokran gehängt worden. Mich und meinen Freund haben in dieser Nacht, als uns die Polizei in einem Auto auf einem einsamen Parkplatz erwischt hatte, 300 Euro gerettet. Das Bestechungsgeld hat uns nicht vor den Schlägen gerettet, aber sie haben uns laufen lassen." Am nächsten Tag sind wir Richtung Europa ausgeflogen. Wir hätten keine Minute länger bleiben dürfen!“
-Abdullah
Beratungs- und Handlungsbedarfe im Sinne geflüchteter LSBTTIQ* ergeben sich aus vielfältigen Problemlagen. Sei es die erste Unterkunft, die nicht sicher erscheint oder ist, sei es das erste Interview beim BaMF, bei dem der "eigentliche" Asylgrund häufig nicht genannt wird oder gesundheitliche Fragen und notwendige psychologische Unterstützung sowie die Suche nach ersten Kontakten zu Gleichgesinnten.
Geflüchtete mit einem LSBTTIQ*-Hintergrund sind in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften, das zeigen die Erfahrungen, wesentlich häufiger Mobbing und Gewalt durch Mitbewohner und Mitbewohnerinnen, ausgesetzt. Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen, die sie in ihren Herkunftsländern gemacht haben, setzten sich in den Einrichtungen, auch aufgrund der schwierigen räumlichen Verhältnisse vor Ort, fort. Insbesondere schwule Flüchtlinge, die erkennbar nicht-heterosexuell bzw. nicht-hetero-normativ leben sind der Gefahr ausgesetzt, Opfer von kriminellen Handlungen und sexuellen Straftaten zu werden, weil sie vermeintlich leichte Opfer sind, die sich nicht wehren können.
Gesundheitliche Fragen, wie eine Behandlung einer HIV-Infektion, die Einleitung oder Fortführung einer Transition bei Trans*geschlechtlichkeit oder die psychologische Begleitung und Betreuung bedürfen erfahrene und spezialisierte Beratungsstellen und spezielle medizinische Einrichtungen, welche sich nur in Berlin oder in Potsdam finden lassen. Der Betreuungsaufwand ist, zumindest in den ersten Monaten, sehr hoch. Es bedarf eines großen Vertrauens der Klienten und großen Mutes, sich den Beratenden zu öffnen. In vielen Ländern, drohen homosexuellen Männern und Frauen, die Todesstrafe, wenn sie in Verdacht geraten, schwul oder lesbisch zu sein oder mit einem gleichgeschlechtlichen Partner "erwischt" worden zu sein. Viele der geflüchteten LSBTTIQ* haben noch erhebliche Orientierungsschwierigkeiten und fassen erst nach und nach Vertrauen in die Beratenden.
Die Orientierung innerhalb der Community (LSBTTIQ*) gestaltet sich nicht immer ganz einfach. Ganz unterschiedliche Erwartungshaltungen müssen mit dem Sammeln von Erfahrungen in Einklang gebracht werden. Eine unter Todesängsten ausgelebte Homosexualität bestimmt noch oft das Handeln der betroffenen Personen, das von den hier geborenen LSBTTIQ* oft in seiner Problematik unterschätzt oder nicht verstanden wird. Deswegen sind Orte der Begegnung und communitynahe Integrationsprojekte umso wichtiger.
Wir möchten uns bei folgenden Personen bedanken, die diesen Text entwickelt, weiterentwickelt und korrigiert haben:
Maria Sievers (qu. Factory - Katte e. V.)
Jirka Witschak (LKS qu. Brandenburg)
Beratungs- und Selbsthilfe
Beratungsangebote für geflüchtete LSBTTIQ*
queer health support
Beratungstelefon: 0331 240 190
Online-Beratung: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
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