HIV/STI
Sekundär // Individuelle Prävention
4.1 Das Wissen über individuelle Schutzmaßnahmen ist verbessert und in der Zielgruppe MSM* vorhanden.
4.1.1. Wissen vermitteln
Das Wissen um das HIV/STI-Infektionsgeschehen, Risiken und Nicht-Risiken einer HIV/STI-Übertragung sowie die Auswirkungen einer HIV/STI-Infektion auf das individuelle Wohlbefinden soll in unseren Zielgruppen verankert sein. Authentische, lebensstilakzeptierende, altersgerechte und öffentlichkeitswirksame Maßnahmen zur Aufklärung und Wissensvermittlung zu HIV/STI sind ergriffen.
Das Wissen um die Übertragungswege von HIV/STI und die daraus resultierenden Möglichkeiten der Schutzmethoden (Safer Sex 3.0) werden in unseren Präventionskampagnen gleichwertig eingebunden. Eine individuelle Entscheidung über die eigenen Schutzmaßnahmen, wie die Benutzung von Kondomen oder die Anwendung von PrEP-Medikamenten sollen wissensbasiert befördert sein. Die Antiretroviralen Therapie (ART) eines der HIV-positiven Sexpartner wird als gleichberechtigte Schutzmaßnahme vermittelt.
4.1.2 Infektionsketten durchbrechen
Wir haben das Ziel, dass HIV/STI-Infektionen so früh wie möglich erkannt und Infektionsketten schneller unterbrochen werden. Wir wollen dies dadurch erreichen, indem für unsere Zielgruppen eine angemessene regelmäßige HIV/STI-Testung und eine bedarfsgerechte Beratung Normalität wird. Unsere Zielgruppen sollen über Symptome von HIV/STI und deren mögliche Behandlung wissen und HIV/STI - Test- und Beratungsstellen, wie die der freien Träger, der Gesundheitsämter sowie "szenenaher" Ärzte bei einer entsprechenden Symptomatik oder Verdacht frühzeitig aufsuchen.
4.1.3 Eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Handeln stärken
Wir wollen erreichen, dass schwule, bisexuelle Jungs und Männer und Trans*Personen ermutigt werden, mit ihrem Sexualpartner_n* über sexuelle Bedarfe und Bedürfnisse ebenso offen und frei zu reden, wie über mögliche und in Frage kommende Schutzmethoden vor sexuell übertragbaren Krankheiten.
Wir haben das Ziel, geeignete Hilfestellungen für das Aushandeln von Safer-Sex-Regeln in einer Partnerschaft zu ermöglichen. Partnerschaft, in welcher Beziehungsform auch immer, bedeutet weder im homo- noch im heterosexuellen Kontext eine garantierte Monogamie. Insbesondere bisexuelle Männer, die oft ungeoutet, beide Seiten ihrer Sexualität ausleben, bedürfen der besonderen Aufmerksamkeit, um sie aus ihren Unsicherheiten zu Safer Sex 3.0 zu befreien.
4.1.4 Besondere Zielgruppen
Geflüchtete LSBTTIQ* werden durch zielgruppenspezifische Aufklärungs- und Beratungsangebote zu HIV/STI verständlich informiert, dafür werden bundesweite Präventions- und Informationsprojekte genutzt. Zielgruppenspezifische Aufklärungs-und Beratungsprojekte der AG IV werden mithilfe von hier lebenden und in unseren Strukturen arbeitenden geflüchteten LSBTTIQ* initiiert und umgesetzt. Zielgruppenspezifische Informationsangebote der GI werden durch die Akteure der AG IV weitervermittelt.
Akteure*_*innen in der Trans*Beratung und den Trans* - Selbsthilfenetzwerken werden regelmäßig über Aufklärungs- und Beratungsangebote der AG IV und anderer Träger im Kontext Trans*Gesundheit sowie über den Fokus HIV/STI und Trans* informiert und zur Teilnahme an Weiterbildungsangeboten eingeladen. Die AG IV und das Trans*Netzwerk Brandenburg arbeiten eng zusammen.
Wir haben das Ziel ungeoutete/geoutete jugendliche LSBTTIQ* mit bedarfsgerechten HIV/STI-Beratungs- und Aufklärungsmodulen altersgerecht aufzuklären. Jugendliche LSBTTIQ* brauchen, außerhalb des schulischen Kontext, Möglichkeiten, sich präventiv und nicht anlassbezogen über sexuell übertragbare Krankheiten zu informieren.
Sekundär //Strukturelle Prävention
4.2 Die Möglichkeiten der Früherkennung von sexuell übertragbaren Krankheiten durch HIV/STI - Test und Beratungsangebote sowie medizinischen Einrichtungen ist verbessert.
4.2.1 Erreichbarkeit und Zugang zu Wissensangeboten
Wir wollen mit unseren verschiedenen Angeboten der HIV/STI-Aufklärung und Beratung alle Landesteile erreichen. Dazu entwickeln wir ein neues Mobilitätskonzept LSS+, welches verschiedene Aufklärungs- und Präventionsthemen sowie ein mobiles HIV/STI-Testangebot integriert und die ländlichen Räume erreicht.
Wir wollen unsere Onlinepräsenz und die Reichweite in sozialen Netzwerken in Verbindung mit dem Internetportal www.LOVE-SEX-SAFE.de ausbauen und mit mehrsprachigen E-Learningmodulen und bedarfs- und altersgerechten Aufklärungsaktionen niedrigschwellig und stigmatisierungsfrei auf das Thema HIV/STI aufmerksam machen. Wir wollen mit Bildungs- und Jugendeinrichtungen zusammenarbeiten und entsprechende HIV/STI - Fortbildungs- und Beratungsmodule anbieten. Online-Angebote zur HIV/STI-Wissensvermittlung werden durch Netzwerkpartner verlinkt und in sozialen Netzwerken präsentiert.
Attraktive Printmedien werden für die HIV/STI-Wissensvermittlung an Informationsständen, bei Aufklärungsveranstaltungen und für zielgerichtete Informationskampagnen entwickelt und in den Netzwerken der Kooperationspartner genutzt und verteilt.
Für Aktionstage zur Aufklärung über HIV/STI steht ein attraktives Gesamtpaket an Informations- und Aktionsmaterialien für die HIV/STI-Wissensvermittlung zur Verfügung, welches durch Kooperationspartner sowie Bildungs- und Jugendeinrichtungen eigenständig genutzt werden kann. Ein zusätzliches attraktives mobiles Aktions- und Aufklärungsmodul der Akteure (AG IV) steht zur Verfügung.
Die Aktualität der dargestellten Präventions- und Beratungsangebote von Beratungsstellen und Gesundheitsämtern ist durch eine kontinuierliche Überprüfung gewährleistet.
4.2.2 Qualität der HIV/STI - Test und Beratungsangebote für die Zielgruppe MSM* ist gesichert
Wir wollen die bestehenden HIV/STI - Test- und Beratungsangebote (RAT+TAT Potsdam und Cottbus) als Checkpoint für sexuelle Gesundheit weiterentwickeln und die hohe Qualität der HIV/STI-Test- und Beratungsangebote ganzjährig und in vollem Umfang aufrechterhalten. Die bestehenden HIV/STI-Testmöglichkeiten in den RAT+TAT-Beratungsstellen in Potsdam und Cottbus sollen zukünftig um einen neuen Standort in Brandenburg erweitert werden.
Für alle HIV/STI-Test- und Beratungsangebote und die Beratenden gelten die Standards der Deutschen Aidshilfe (DAH). Alle Mitarbeitenden und Berater der Akteure (AG IV) werden kontinuierlich fortgebildet, damit das zu vermittelnde Wissen zu HIV/STI den aktuellen Erkenntnissen der internationalen Aids-Forschung, des Robert Koch – Institutes (RKI) sowie der Deutschen Aidshilfe (DAH) entspricht. Wir haben das Ziel, das HIV/STI-Test- und Beratungsangebot personell so zu stärken, dass HIV/STI-Berater kultursensibel und peer-to-peer Ratsuchende in arabischer, französischer, persischer Sprache zu sexueller Gesundheit beraten können.
Die qualitative Auswertung über die Nutzung der HIV/STI-Test- und Beratungsangebote der RAT+TAT-Beratungsstellen steht der Initiative Brandenburg - Gemeinsam gegen Aids zur Verfügung, um Weiterentwicklungen in Qualität und Quantität der HIV/STI- Beratung zu ermöglichen. Die Schlussfolgerungen aus der Statistik sollen der Erhöhung der HIV/STI-Testzahlen dienen.
Tertiär // Individuelle Prävention
4.3 Die gesundheitliche und medizinische Versorgung wird durch die Zielgruppe MSM* wahrgenommen und genutzt
4.3.1 Das Gesundheitsbewusstsein bei MSM* und Menschen mit HIV ist verbessert und Infektionsketten sind durchbrochen.
Mit geeigneten Maßnahmen wird dafür gesorgt, dass schwule, bisexuelle Jungs und Männer und Trans*Personen auf ihre allgemeine Gesundheit achten und achtsam und verantwortlich gegenüber ihren Sexualpartnern und Lebenspartnern handeln. Schwule, bisexuelle Jungs und Männer sind, aufgrund der teilweise schwierigen Orientierungsprozesse in ihrem Lebenslauf, häufiger von Erkrankungen, wie z. B. Depressionen oder Abhängigkeitserkrankungen betroffen. Diese wirken sich auf das Allgemeinbefinden, die Fitness, die körperliche Gesundheit und die Psyche aus. Die Aufgaben gesundheitlicher Prävention für Trans* und MSM* ist Querschnittsaufgabe zu anderen Bereichen von Gesundheitsfragen. Risikoverhalten entsteht oft in Situationen des Kontrollverlustes. Unsere Prävention und Beratung berücksichtigt diese Aspekte.
4.3.2 Präventionsbotschaften werden multiplikatorisch vertreten
Mit unseren Projekten und Aufklärungs- und Beratungsangeboten wird dazu angeregt, dass sich Sexualpartner über ihre jeweiligen Schutzmethoden vorab verständigen, ohne dass dabei der jeweils Andere Unsicherheiten in Kauf nehmen muss. Schwule, bisexuelle Jungs und Männer, die auf das Kondom als klassische Schutzmaßnahme nicht verzichten wollen, sollen gleichberechtigt mit denjenigen wertgeschätzt sein, die auf TasP vertrauen oder die PrEP bevorzugen. Dabei ist die Botschaft wichtig, dass Sex mit HIV-Positiven, deren HIV-Status unter der Nachweisgrenze liegt, bei einer engmaschigen medizinischen Kontrolle, ein besonders risikoarmer Sex ist.
4.3.3 Besondere Zielgruppen
Wir wollen auf eine gesunde Lebensweise unserer Zielgruppe, als ein wichtiges Element einer wirkungsvollen Prävention zu sexueller Gesundheit, hinwirken, in dem wir das Gesundheitsbewusstsein fördern und mit Angeboten untermauern.
Wir wollen die Zielgruppe der schwulen, bisexuellen und Trans*Männer 50+ in den Fokus unserer Arbeit rücken. Vorsorgeberatung- und untersuchungen sollen speziell für diese Altersgruppen vermehrt angeboten werden. Die Möglichkeit der Weitervermittlung von LGBT-freundlichen Ärzten muss mit entsprechendem Wissen der Beratungsstellen untermauert sein.
Wir wollen, dass sich schwule Sexarbeiter (bzw. sog. TG-Empfänger), vertrauensvoll an HIV/STI- Test- und Beratungsstellen wenden können, um für sich umfassende, bedarfsgerechte Beratungs- und Hilfsangebote in Anspruch nehmen zu können. Dazu gehören Fragen, nach der PrEP-Behandlung, der Vermeidung von Übertragung bestehender HIV/STI-Infektionen an Sexpartner, Gewaltprävention sowie asyl- und sozialrechtlichen Fragen.
Wir wollen Trans*Personen stärker in den Fokus unserer Arbeit nehmen und Informations- und Bildungsangebote zu sexueller und psychischer Gesundheit vermitteln und/oder durchführen. Wir wollen, die Möglichkeiten der Vermittlung von psychologischer und ärztlicher Begleitung verbessern und alle Beratungs- und Selbsthilfeangebote auch einen einheitlichen Stand bringen.
An Bildungs- und Jugendeinrichtungen führen wir weiterhin Workshops zum Thema HIV und STI durch und wirken damit gegen Stigmatisierung und Diskriminierung. Wir wollen präpubertäre und adoleszente Jugendliche neben obligatorischer Primärprävention über Sekundär und Tertiärprävention informieren und aufklären
Tertiär // Strukturelle Prävention
4.4 Die strukturelle ärztliche und medizinische Versorgung ist gesichert.
4.4.1 Der Zugang zu regionaler ärztlicher Versorgung ist gesichert.
Wir sorgen dafür, dass die Zielgruppe MSM* neben der fachlichen Qualität der HIV/STI-Behandlung, auch ein diskriminierungsfreier, LGBT-freundlicher Umgang durch die jeweilige medizinische Einrichtungen gewährleistet ist.
Die Bekanntheit der HIV-Schwerpunktpraxen in Brandenburg wird erhöht und LGBT-freundliche ärztliche Praxen werden weitervermittelt. Medizinische Einrichtungen werden für die Bedarfe von schwulen und bisexuellen Jungs und Männer sensibilisiert. Die HIV/STI-Test und Beratungsstellen sind mit den HIV/STI-Schwerpunktpraxen sowie den urologischen Praxen in einem steten fachlichen Austausch.
4.2 Vorbeugung // Impfung wird erhöht
Die Zusammenarbeit mit Gesundheitsämtern in Potsdam und Cottbus soll verstärkt werden. Dabei bleibt es das überregionale Ziel, die Zahl der Impfungen in der Zielgruppe, insbesondere zu Hepatitis A und B, zu erhöhen. Eine Strategie zur HPV-Impfung in der Zielgruppe, insbesondere aber schwulen Jungs bis 26 Jahre, soll erarbeitet und umgesetzt werden.
4.3 Notwendige Strukturen der PrEP-Versorgung werden geschaffen und gesichert
Feste und belastbare Strukturen für die Versorgung von HIV-Patienten und mit der Präexpositionsprophylaxe (PrEP) durch medizinische Einrichtungen im Land Brandenburg werden eingefordert. Bis es zu zufriedenstellenden, flächendeckenden Lösungen für eine Versorgung durch medizinische Einrichtungen kommt, bedarf es der Sensibilisierung der Zielgruppe für eine sorgsame Anwendung der PrEP, auch wenn diese ohne Rezept erworben werden. Weiterhin ergänzende Angebote für regelmäßige HIV/STI-Routinekontrollen durch HIV/STI-Beratungsstellen, an die sich Ratsuchende wenden können, sind notwendig und realisierbar.
Unser Ziel ist es, Personen, die aktuell positiv auf HIV getestet und langjährig HIV-Positiven, eine umfassende Hilfestellung bei allen aufkommenden Fragen geben zu können. Dazu bedarf es weiterer Anstrengungen, um ärztlichen und psychologische Unterstützung im Land Brandenburg zu gewährleisten.
4.4 LSBTTIQ*-sensible Sprachmittler*_*innen werden eingesetzt
Wir haben das Ziel, dass Sprachmittler für geflüchtete LSBTTIQ* zu Gesundheitsfragen weitergebildet werden, da normale Sprachmittler oft nicht einsatzfähig sind..
4.5 Medizinische Versorgung von Trans*Personen sicherstellen
Insbesondere die defizitäre medizinische Versorgung von Trans*Personen, insbesondere in den kleinstädtischen und ländlichen Räumen in Brandenburg, bedarf einer umfassenden Analyse, aus denen Schlussfolgerungen für die zukünftige Arbeit gezogen werden müssen. Die medizinische Grundversorgung (Hormonbehandlung etc.), eine flächendeckende Trans*Selbsthilfestruktur und fachspezifische Beratung zu Trans* Gesundheit muss besser gewährleistet werden.
4.6 Politisch Entscheidende, Öffentlichkeit und Medien werden laufend aktuell informiert
Wir wollen das Thema Diskriminierung von HIV-Positiven und LSBTTIQ* weiterhin in die parlamentarischen Räume bringen und für die Sensibilisierung von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft gegenüber dem Thema eintreten. Dies wollen wir mit konkreten Fachgesprächen, Stellungnahmen und Forderungen untermauern.
Zum Welt-Aids-Tag wollen wir Unterstützung bei der Recherche für redaktionelle Beiträge leisten und die mediale Aufmerksamkeit nutzen, um mit kreativen Projekten für Aufklärung über HIV/STI zu werben und damit Stigmatisierungen und Diskriminierungen entgegenwirken.
4.7 Die Sichtbarkeit von Leben mit HIV ist in der Community erhöht
Wir organisieren und beteiligen uns an öffentlichkeitswirksamen Community-Projekten, die die Sichtbarkeit und Aufklärung über HIV+, und LSBTTIQ* erhöhen. Wir wollen das Miteinander in der Community (LSBTTIQ*) stärken und laden alle Community-Vereine, Verbände, Selbsthilfegruppen und Aktivisten ein, sich an unseren Projekten zu beteiligen. Wir vermitteln die Kampagnen der Deutschen Aidshilfe über unsere Internetangebote, über Straßenaktionen und an Informationsständen weiter.