2. Entwurf
Früher wurde Blockflöte gespielt, heute Pokémon. Die Jugend ist immer anders, als wir selbst einmal waren. Sie ist musikalischer, hipper, karrierefokussierter, sportlicher, umweltbewusster und eben auch bunter und queerer.
Für queere Jugendliche hat sich das gesellschaftliche Klima im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Dafür gibt es viele Gründe und Ursachen. Die deutliche Sichtbarkeit von LSBTTIQ* in Medien und das "unkomplizierte" Outing von Personen des öffentlichen Lebens haben dazu beigetragen, dass es Rollenvorbilder für eine nicht-heterosexuelle Orientierung und für geschlechtliche Vielfalt gibt. Ihr Handeln gibt anderen Menschen Mut und Bestärkung für sich selbst, die eigene Identität nicht mehr zu verstecken und „aus dem Schrank heraus- zukommen“ (coming-out).
Die Entkriminalisierung von Homosexualität, wie etwa die Abschaffung des Schwulenverfolgungsparagraphen 175 (1994) oder die Einführung der Lebenspartnerschaft (2001) und später der Beschluss über die "Ehe für alle" (2017) haben ebenso dazu beigetragen, das sich mehr Menschen als LSBTTIQ*, zumeist auch im familiären uns täglichen Umfeld, outen.
Trotz all dieser Fortschritte zeigen sich im Alltag weiterhin, auch in Brandenburg, beunruhigende Stigmatisierungen und Diskriminierungen von LSBTTIQ*. Die einzelnen Fälle reichen hierbei von subtiler Homophobie, über offene Ablehnung, bis hin zu verbaler und körperlicher Gewalt.
Kinder und Jugendliche (LSBTTIQ*) berichten über vielfältige Erfahrungen mit Diskriminierungen, Benachteiligungen, Ausgrenzungen sowie systematischem Mobbing an Schulen, Sportvereinen und in Jugendclubs. Direkte oder indirekte Diskriminierung erhöhen deutlich das Risiko für LSBTTIQ* in der gesundheitlichen Entwicklung, insbesondere, wenn diese (auch) innerhalb der eigenen Familie ausgeübt wird. Die zu erwartenden Auswirkungen können von psychischen Störungen, affektive Störungen, Angststörungen bis hin zu Suchterkrankungen und Depressionen reichen. Darüber hinaus ist eine dreifach erhöhte Suizidrate bei Kindern und Jugendlichen mit diesem Hintergrund statistisch belegt. Um das tägliche Umfeld, beispielsweise für schwule Jugendliche, zu verdeutlichen, reicht es, einfach den Begriff „Schwulenwitze“ zu googeln. Sie werden Hunderte von herabwürdigenden Witzen finden, die sich im Schüler*_*innen- oder im Kollegenkreis meist täglich erzählt werden.
Die Herausforderungen für Eltern und Jugend- und Bildungseinrichtungen bestehen darin, jugendliche LSBTTIQ* als solche wahrzunehmen und ihnen ein fröhliches, selbstbewusstes, befreiendes und großartiges Coming-out zu ermöglichen. Das persönliche Umfeld will ebenso vorbereitet und sensibilisiert sein, wie das pädagogische Fachpersonal und Ansprechpersonen in Sport-, Feuerwehr- und Jugendgruppen.
Besonders der Schulalltag kann ein wichtiger Raum sein, eine Möglichkeit zur Anregung zur Auseinandersetzung mit der Vielfalt an Identitäten, sowie der eigenen, zu bieten. Nicht wenige Coming-out-Berichte schildern nämlich das Phänomen, dass die eigene queere Identität verdrängt oder gar nicht erkannt wurde, weil es zu wenig Aufklärung dazu gab, wie viele verschiedene Formen die eigene Identität haben kann und wodurch man diese in sich selbst sehen kann. Eine solche Aufklärung fördert zudem das Verständnis und somit auch die Akzeptanz und das Vermögen nicht-queerer Mitschüler adäquat auf Coming-outs und Begegnungen mit queeren Menschen zu reagieren und dieses Wissen auch in ihrem eigenen Umfeld weiterzugeben und einen sich gegenseitig akzeptierender Umgang zu etablieren.
Die Herausforderungen für LSBTTIQ* bestehen darin, im Alltag Gleichgesinnte zu finden und langfristige und belastbare Beziehungen und Kommunikationskanäle aufzubauen. Dazu sind geschützte und erreichbare Räume und community-nahe Veranstaltungen wichtig, um sich selbst ausprobieren und finden zu können und einen Rückhalt zu erfahren. Eigene Identität soll möglichst frühzeitig auch ausgelebt werden können. Dafür gibt es in Brandenburg verschiedene Leuchtturm-Projekte, die für jugendliche LSBTTIQ* angelegt und attraktiv sind.
Die Vernetzung untereinander in Jugendgruppen in den unterschiedlichsten Kontexten erhöht die Sichtbarkeit nach Außen und setzt ein deutliches Zeichen, dass LSBTTIQ* in allen Lebensbereichen zu finden sind und mitwirken, unabhängig vom Bildungsgrad, politischer Einstellung, Glaube, Herkunft und Behinderung.
Wir möchten uns bei folgenden Personen bedanken, die diesen Text entwickelt, weiterentwickelt und korrigiert haben:
Maria Sievers (qu. Factory - Katte e. V.)
Jirka Witschak (LKS qu. Brandenburg)
Beratungs- und Selbsthilfe
Coming-out Beratung
Jugendfreizeit und Gruppen
queer health support
Beratungstelefon: 0331 240 190
Online-Beratung: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
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