III. - Handlungsfelder des "Aktionsplan Queeres Brandenburg"
III.1. - Handlungsfeld - Bildung und Aufklärung
III.1.2. - Schule und berufsbildenden Schulen
Ebenfalls wichtig, um Kinder und Jugendliche für die Vielfalt von geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung zu sensibilisieren, ist der Schulbereich - unabhängig von der Schulstufe und der Schulform.
Das Brandenburgische Schulgesetz setzt die verfassungsrechtliche Vorgabe bezogen auf die sexuelle Identität für den Schulbereich um und sieht ferner die schulische Sexualerziehung als Ergänzung zur Sexualerziehung der Eltern vor. Die Schulen setzen diesen Anspruch mit ihren Schulprogrammen und schulinternen Curricula um. Dennoch sind noch längst nicht alle Vorurteile, insbesondere bei Jugendlichen abgebaut. Das Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im schulischen Bereich ist von großer Bedeutung und soll auf positive Weise sichtbar gemacht werden. Ziel ist es dabei, die Akzeptanz von LSBTTIQ* innerhalb der Schulklasse und im täglichen Umfeld zu erhöhen.
Leider werden immer noch viel zu oft die Begriffe „schwul“ und „lesbisch“ oder auch „Schwuchtel“ als gewollte Herabwürdigung des Gegenübers unter den Jugendlichen verwendet. Dies kann zu einer Atmosphäre beitragen, in dem Jugendliche ihre sexuelle Orientierung oder ihre geschlechtliche Identität eher nicht preisgeben. Wichtig ist in diesem Kontext auch, von wem die Diskriminierung ausgeht, ob von den Schüler*_*innen oder von Lehrkräften. Die Schule (inkl. Berufs- und Fachschule) ist einer der Orte - neben der eigenen Familie, der Öffentlichkeit und dem Freizeitbereich -, an dem sich die Befragten in den vergangenen fünf Jahren am häufigsten diskriminiert fühlten: 36 Prozent der OnlineBefragten haben innerhalb der vergangenen fünf Jahre negative Erfahrungen in der Schule gemacht. Besonders betroffen sind Trans*-Personen, von denen zwei Drittel angeben, in der Schule diskriminierende Erfahrungen gemacht zu haben/zu machen.
Zur Erhöhung der Sichtbarkeit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt und um die Akzeptanz für LSBTTIQ* zu erhöhen, ist es erforderlich, die Lehrkräfte zu befähigen, sich des Themas in den unterschiedlichen Kontexten des Unterrichtsstoffs anzunehmen und dies wertfrei den Schüler*innen zu vermitteln. Dabei können und sollten externe Expert*innen mit LSBTTIQ*-Erfahrung hinzugezogen werden. Thematische Unterstützung bietet auch der Bildungsserver Berlin - Brandenburg.
Der wesentliche Schritt zur Umsetzung an den Schulen erfolgt mit dem neuen Rahmenlehrplan Berlin/Brandenburg für die Jahrgangsstufen 1 bis 10, der zum Schuljahr 2017/18 umgesetzt wird. Der Rahmenlehrplan verpflichtet die Schulen, insgesamt 13 übergreifende Themen (unter anderem „Bildung zur Akzeptanz von Vielfalt (Diversity)“ und „Sexualerziehung/Bildung für sexuelle Selbstbestimmung“) in ihren schulinternen Curricula und damit fächerverbindend, fachübergreifend oder in Projekten umzusetzen.
Die o.g. Themen finden sich in den unterschiedlichen Fächern und Lernbereichen sowie über mehrere Jahrgangsstufen hinweg wieder. Der Unterricht erfolgt grundsätzlich altersgerecht und mit der nötigen Sensibilität. Lehrkräfte können dabei durch eine diskriminierungsfreie Grundhaltung eine Vorbildfunktion einnehmen. Um die Schulen bei diesen Aufgaben zu unterstützen, finden Fortbildungen im Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg statt. Diese richten sich schwerpunktmäßig an die Berater*innen des Unterstützungssystems (BISS), die dann auf regionaler Ebene die Schulen beraten bzw. Fortbildungen anbieten. Darüber hinaus gibt es thematische Fachtagungen und Materialien. Diese sind auf dem Bildungsserver Berlin-Brandenburg eingestellt.
Um zu vermeiden, dass LSBTTIQ*-Schüler*innen diskriminiert oder gemobbt werden, ist es wichtig, frühzeitig Aufklärungsarbeit auf den unterschiedlichen Bildungsebenen zu unterstützen und umzusetzen. Beispielhaft zu nennen ist hier die Anti-Mobbing-Handreichung „Mobbing aufgrund der sexuellen Identität“ für den Grundschul- und Sekundarbereich, die auf dem Bildungsserver BerlinBrandenburg zum Themenfeld geschlechtliche und sexuelle Vielfalt zu finden ist. Die Handreichung für den Grundschulbereich differenziert zwischen Informationen für Schüler*innen und Lehrkräfte. Die Informationsblätter für den Bereich der Sekundarstufe I unterscheiden differenzierter zwischen Schüler*innen, Schulpersonal, Lehrkräften und Schulleitung. Für das Thema und die mögliche Umsetzung im schulischen Bereich gibt es zudem die Handreichung „Schule unterm Regenbogen: HeteroHomoBiTrans-Lebensweisen im Unterricht an den Schulen im Land Brandenburg“.
Diese Handreichung beruht auf einer langjährigen Praxiserprobung von Konzepten, die ständig weiterentwickelt und durch das Zentrum für Lehrerbildung der Universität Potsdam gemeinsam mit dem Verein AndersARTiG e.V. evaluiert und im Jahr 2008 veröffentlicht wurde. Sie bietet Unterrichtvorschläge, methodisch-didaktische Hinweise sowie geeignete Kontakte und Adressen an.
Es existieren somit schon seit einiger Zeit etliche Materialien, Informationen, Beratungsangebote und Medientipps für den Unterricht, die online zu finden sind, und die die Lehrkräfte bei der Integration von queeren Themen in den Schulunterricht unterstützen. Ebenfalls geeignet ist die Vermittlung von queeren Themen durch vergleichbare Bildungs- und Aufklärungsangebote von externen Stellen (z.B. durch die Landeskoordinierungsstelle für LesBiSchwule&Trans*Belange).
Ein gutes Beispiel ist das Bildungs- und Aufklärungsprojekt „Schule unterm Regenbogen“, zu dem bereits im April 2015 ein Kooperationsvertrag zwischen der Voltaireschule Potsdam und dem Landesverband AndersARTiG e.V. geschlossen wurde. Ziel der Kooperation ist es, den Schüler*innen und Lehrer*innen das Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt näher zu bringen und somit zu einem respektvollen und diskriminierungsfreien Miteinander im Schulalltag beizutragen. Dies erfolgt durch regelmäßige Aufklärungs- und Antidiskriminierungsworkshops in der 8. Jahrgangsstufe und einer kontinuierlichen fachlichen Zusammenarbeit mit den Lehrkräften der Schule.
Das Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in den Schulalltag zu integrieren, ist ein längerer Prozess. Damit es gelingt, eine gegenüber LSBTTIQ*-Lebensweisen vorurteilsfreie Schule zu gestalten, ist es wesentlich, die Elternarbeit in der schulischen Bildung einzubeziehen. Auf Elternabenden kann den Eltern das Schwerpunkthema geschlechtliche und sexuelle Vielfalt mit Unterstützung externer Fachkräfte näher gebracht werden. Ziel ist es, die Elternschaft für das Thema ebenso zu sensibilisieren wie die Schüler*innen und im Idealfall zu Partner*innen bei der Aufklärungsarbeit zu machen.
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